Tag 05 – D.M.Z. – 30.09.2015
Einer der Hauptgründe, weshalb wir uns für diesen Urlaub Seoul ausgesucht hatten, war, weil mein Mann unbedingt mal genügend Zeit haben wollte, um an die Nordkoreanische Grenze zu fahren. Heute war es soweit. Pünktlich um halb elf wurden wir in einem Minivan abgeholt, der uns zu einem Sammelpunkt brachte, an dem ein komfortabler Bus auf uns wartete. Ganz im Ernst, wir hatten noch nie so einen vornehmen Bus gesehen… mit Parkettboden 😉
Die Fahrt führte uns raus aus der Stadt. Wir waren überrascht, wie schnell man das Zentrum von Seoul hinter sich lassen kann. Die Autobahn befindet sich dann bald neben dem Fluß „Sacheon“, der zwar noch nicht die Grenze zu Nordkorea bildet, doch häufig zur Flucht von Nordkorea überdrüssig gewordenen Mitmenschen und Spionen genutzt wird. Um letzteren frühzeitig eine adäquate Behandlung bieten zu können, stehen am Flussufer riesige Zäune und alle paar hundert Meter ein Wachturm. Die Wachtürme sind auch alle besetzt.
Unser erster Halt an diesem Ausflug war ein Ort, der direkt an der ersten Grenze der Demarkationslinie liegt.
Dort gab es ein paar Restaurant und eine Aussichtsterasse mit Blick auf Nordkorea. Der Tourguide erklärte uns, dass dieser Ort für viele Südkoreaner der nördlichste Punkt sei, an dem sie ihren zurückgelassenen Familien aus dem Norden gedenken können. Uns fiel dabei auf, dass die Führerin nie von Nordkoraner oder Südkoreaner sprach. Vielmehr nur von Koreanern, die durch eine willkürlich gezogene Grenze voneinander getrennt wurden.
Die Fähnchen am Grenzzaun wurden von Südkoreanern hingehängt, die ihrer Lieben im Norden gedachten.
Da aber an diesem bedrückenden Ort der Spaß auch nicht zu kurz kommen darf, gab es neben dem Parkplatz einen Rummelplatz. Schließlich hätten es die Verwandten aus dem Norden wahrscheinlich so gewollt…
Diese Gelegenheit ergriff Liselotte sofort.
Wir fuhren weiter und unser Weg ging ziemlich bald über eine Brücke, die schon mitten in der DMZ liegt. Deshalb mußten alle ihre Pässe zeigen, da man ohne Genehmigung nicht rein durfte. Es wurde uns erklärt, dass DMZ Demilitarized Zone bedeutet. Innerhalb dieser vier Kilometer breiten und ca 250 km langen Zone darf kein Militär stationiert sein und von diesem auch nicht betreten werden.
Quasi zur Friedenserhaltung.
Leider war es – bis auf die Touristenspots – verboten innerhalb dieser Zone zu fotografieren. Ganz zum Leidwesen meines Mannes. Und wir hatten das Gefühl, dass dieses Verbot auch durchaus ernst genommen wurden. Daher gibt es von der Fahrt unterwegs keine Bilder. Erst als wir ein weiteres Highlight der Tour erreicht hatten, durfte wieder geknipst werden. Wir befanden uns an einem der vier (bereits entdeckten) „Infiltration Tunnels“. Diese wurden von Nordkorea gegraben, um heimlich Soldaten und Nachschub nach Südkorea schaffen zu können. Unser Tunnel war der dritte, der 1978 gefunden wurde. Nach einem kleinen Informationsfilm ging es 400 Meter – über einen Zugangsstollen – steil hinab zum eigentlichen Tunnel. Da man mit dem Kinderwagen nicht reinkonnte, trug mein starker Mann unser Gretchen runter und mußte gelgentlich auch noch unser erstes Kind tragen. Unten angekommen gingen wir gebückt noch ein paar hundert Meter weiter, bis wir von einer Betonwand und Stacheldraht am Weitergehen gehindert wurden. Dies markierte unterirdisch die eigentliche DMZ. Wir konnten gar nicht fassen, wie man durch so einen engen Tunnel 30.000 Soldaten in einer Stunde durchbringen wollte. (im Tunnel war das Fotografieren verboten…)
Von unserem Tourguide leicht gehetzt kamen wir oben am Bus wieder an und fahren – nach einer kurzen Wickelpause – auch gleich los.
Die nächste Station war auf einem Hügel. Dort befand sich eine Ausspähplattform, die hauptsächlich militärisch genutzt wird. (aber Touristen waren willkommen, solange die Objektive nicht aufs falsche Motiv zielten)
Von dort oben hatten wir einen Blick auf ein weitläufiges Feld. Man sah zwei Ortschaften und zwei Fahnenmasten. Einer trug die Südkoreanische, der andere die von Nordkorea. Man ist sich nicht ganz sicher, ob dort – außer Militärangehörigen – sonst überhaupt jemand wohnt. Egal, die Hauptsehenswürdigkeit bleibt trotzdem der vierthöchste Fahenmast der Welt.
Wir fanden diesen Halt am interessantesten vom ganzen Tag. Leider gab man uns dafür die geringste Zeit.
Es stand noch ein kurzer Stopp an. Nämlich am letzten Bahnhof in Südkorea Richtung Norden. Kurz hinter der Grenze – in Nordkorea – stehen riesige Fabriken, in denen Südkorea billig mit nordkoreanischen Arbeitskräften produziert. Man versicherte uns, es sein eine Win-Win-Situation. Und dafür schien unter anderem auch dieser morderne und verlassen wirkende Bahnhof gebaut worden zu sein. Einmal täglich verkehrt hier ein Zug von Seoul zur Grenze und zurück. Irgendwann – nach der Wiedervereinigung – ist geplant, dass die Bahnstrecke weiter durch Nordkorea über Russland bis Europa gehen sollte. Damit könnte man Seoul dann mit dem Zug erreichen.
Da ich mich ja mit Wiedervereinigung auskenne, dachte ich mir, dass solch ein Tag schneller und unerwarteter kommen kann, als man denkt.
Ziemlich müde und geschafft stiegen wir wieder in den Bus, der dann – nach einer weiteren Passkontrolle – zurück nach Seoul fuhr. Die Reiseleiterin meinte, dass sie unbedingt gleich viele Leute raus wie rein bringen muss, sonst hätte der ganze Bus ein Problem…
Nach einer guten Stunde Fahrt und einem (von uns nicht wahrgenommenen) Zwischenstop bei einem Souvenierladen, wurden wir im Stadtteil „Itewon“ rausgelassen. Christof erzählte mir, dass dieses Viertel bevorzugt von Crewmitgliedern besucht wird. Als ich mich umschaute, wunderte ich mich warum. Alles nur Touristenlokale…
Da wir jetzt schon ein paar Stadtteile kannten, wussten wir auch, wo man Abendessen konnte. Es wurde abermals ein rustikaler Laden in dem wir einfach drauf losbestellten und keineswegs enttäuscht wurden 😉
Übrigens gäbe es noch eine weitere Möglichkeit die nordkoreanische Grenze zu besuchen. Und zwar den Ort, an dem in den 1950ern die Friedensverhandlungen geführt wurden. Dort besteht auch legal die Staatsgrenze zu überschreiten und legal auch wieder zurückzukommen. Leider gibt es dort ein Mindestalter. 10 Jahre… Den Grund hatten wir so verstanden: man muß sich dort benehmen und muß sich unter Kontrolle haben, um den Frieden nicht zu gefährden… Also in 9 Jahren und 9 Monaten dann 🙂 (wenn Christof mit dem möglichen vierten Kind daheim bleibt)
By the way… so können Toiletten in der U-Bahn-Station ausgestattet sein… Das muss man einfach gesehen haben, denn es gibt tatsächlich eine Möglichkeit, sein Kleinkind in eine Halterung an der Wand zu parken und man hat dadurch die Möglichkeit mit beiden Händen eine öffentliche Toilette zu besuchen 😉 Die Mütter unter uns verstehen das 🙂 Und ein weiteres Highlight ist die dazugehörige Kindertoilette. Lilo war so begeistert, dass sie sofort aufs Klo musste 🙂
Solche Toiletten sind keine Seltenheit hier und in meinen Augen sehr familienfreundlich.